Stationenweg
Erasmus
St. Peter Kirche
Zürich

Öffnungszeiten Stationenweg:
8 bis 16 Uhr (So ab 11 Uhr)

(bei Konzerten allenfalls etwas
verkürzte Öffnungszeiten).

Website Kirche St. Peter

Huldrych Zwingli gilt als die Autorität der Zürcher Reformation. Wir sagen: Halt, da ist noch Erasmus von Rotterdam.

In seinem Geist des Humanismus haben die Zürcher damals den Aufbruch gewagt. Erasmus war die heimliche Autorität der Zürcher Reformation; sein Einfluss ist viel grösser als bisher angenommen.

Zum Auftakt des Reformationsjubiläums erinnern wir vom St. Peter darum an Erasmus von Rotterdam: Zu den Highlights gehört ein Stationenweg in der Kirche St. Peter mit 14 Stationen und einer speziellen Hörstation.

Darüber hinaus organisieren wir Turmgespräche: 2017 zum Thema «Religion: Himmel oder Hölle?», 2018 zum Thema «Seele: Wo bist du?» Darüber hinaus ergänzen wir bestehende Veranstaltungen im St. Peter mit dem erasmischen Prinzip «Im Anfang war das Gespräch»: Orgelkonzerte und Konzerte der Kantorei, Gottesdienste, die Reihe des Musikkollegiums Winterthur und die Jahresanlass «Sammlung Johann Caspar Lavater».

Führungen

Ueli Greminger, Pfarrer im St. Peter, führt grössere oder kleinere Gruppen gerne in den Stationenweg und die Welt des Erasmus ein. Anfragen bitte per Mail direkt an Ueli Greminger: 

Ein Gespräch mit

Erasmus von Rotterdam

Über die Torheit

Erasmus von Rotterdam, nach Ihnen wurde das Erasmus-Programm, die Zusammenarbeit der Hochschulen innerhalb der EU benannt. Durch das Erasmus-Programm werden Studienleistungen im Ausland anerkannt. Viele betrachten dieses System heute auch als eine Torheit. Für Torheit sind Sie ein Spezialist: 1510 gaben Sie Ihre Schrift "Lob der Torheit" heraus. Was ist Torheit?

Erasmus: Ein holländisches Sprichwort besagt, die Torheit allein sei fähig, die sonst so flüchtigen Jugendjahre zurückzuhalten und dem traurigen Greisenalter den Zugang zu verwehren.

Alter schützt vor Torheit nicht, behauptet man. In Ihrem Buch zeigen sie, dass wir der Torheit auf Schritt und Tritt begegnen. Regiert die Torheit die Welt?

Erasmus: Gewiss! Alle Leidenschaften stehen in Beziehung zur Torheit.

Sie lassen in Ihrem Buch die Torheit selber reden. Das erlaubte Ihnen, sogar Kirche und Christentum der Torheit zu bezichtigen, ohne selbst dafür geradestehen zu müssen. War das Absicht?

Erasmus: Tja, die gleichen Reden, die einem Philosophen die Todesstrafe einbrächten, bereiten, wenn sie aus dem Mund eines Toren kommen, grösstes Vergnügen. Der Wahrheit wohnt eben von Natur aus die Macht inne, Lust zu verbreiten, sobald sie von jedem beleidigenden Unterton befreit ist. Doch dies zu bewirken, haben die Götter einzig dem Toren zugestanden.

Dennoch wurde Ihre Schrift 9 Jahre nach Ihrem Tod vom Konzil von Trient auf den Index gesetzt.

Erasmus: Das hätte ich mir denken können.

Frauen habe wenig Freude an Ihrem Buch. Die personifizierte Torheit entschuldigt damit, selbst eine Frau zu sein und nimmt auch kein Blatt vor den Mund. Ich denke an den Vergleich mit dem Affen. Erasmus: Ach ja: Ein Affe bleibt ein Affe, auch wenn man ihn mit Purpur bekleidet. Genauso ist es mit der Frau: sie bleibt immer eine Frau, das heisst eine Törin, mag sie sich auch alle möglichen Masken umhängen.

Sie gehen auch mit dem männlichen Geschlecht nicht glimpflich gehen: Sie schreiben dem Mann nur "ein kümmerliches Stücklein Vernunft" zu, weshalb Zeus ihm zur Ergänzung die Frau schuf. Die Torheit, behaupten Sie, sei der Kitt, der eine Ehe zusammenhalte. Wie meinen Sie das?

Erasmus: Aber sicher! Wieviele Ehen würden geschieden und wieviele noch schlimmere Dinge würden sich allenthalben zutragen, würde nicht die häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten durch Schmeichelei, Scherz, Entgegenkommen, Irreführen und Verstellung gestützt und genährt - also durch lauter Dinge, die im Gefolge der Torheit stehen!

Sie stellen die Torheit immer wieder als sinnvoll und hilfreich dar. Regiert die Torheit aber nicht in einer Welt von Lüge und Heuchelei und ist sie nicht bar jeglicher Weisheit?

Erasmus: Weisheit macht die Menschen nur unentschlossen, und so kann man denn auch allenthalben Zeuge sein, wie die Weisen aus der muffigen Atmosphäre ihrer Armut und Hunger einfach keinen Ausweg finden, wie sie auf der Schattenseite des Lebens hausen müssen, ruhmlos und stets angefeindet von den andern. Die Toren dagegen haben Geld in überreicher Fülle, sie führen die Ruder des Staates, und es geht ihnen einfach in jeder Hinsicht gut. Wenn es nämlich jemand als sein Ideal ansieht, "den Fürsten zu gefallen", dann darf er alles sein, nur nicht weise, denn dies wäre die schlimmste Eigenschaft in den Augen dieser Menschen. Will es einer zu Reichtum bringen, was erreicht er dann mit der Weisheit, die ihm keinen Meineid gestattet, die erröten lässt, wenn man ihn bei einer Unwahrheit ertappt? Nein, für Diebe und Wucherer gibt es nichts anderes, als alle Gewissensvorbehalte und Zweifel über Bord zu werfen!

Erasmus von Rotterdam, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.